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Fermentieren bzw. Milchsauer einlegen: Der komplette Guide

Fermentieren ist in aller Munde! Diese Konservierungsmethode galt fast schon als vergessen, doch seit einigen Jahren erlebt sie ein Comeback und fermentierte Speisen boomen. Kein Wunder, denn Fermentiertes ist wahnsinnig gesund und bietet eine riesige Geschmacksvielfalt. Während der Fermentation bleiben die ursprünglichen Inhaltsstoffe nicht nur weitgehend erhalten, sondern der Vitamingehalt steigt sogar noch zusätzlich an. Es gilt als Superfood für den Darm, weil die enthaltenen Milchsäurebakterien das Gemüse vorverdauen und es so bekömmlicher und für den Darm sehr gut verwertbar machen. Außerdem ist diese Konservierungsmethode einfach, günstig und umweltschonend.

Was passiert während dem Fermentationsprozess?

Beim Fermentieren wird Gemüse mit etwas Salz in einem Behälter unter Sauerstoffabschluss an einen warmen Ort gestellt (ideal sind Temperaturen zwischen 20-24°C). In dem salzigen, sauerstoffarmen Milieu können sich die Milchsäurebakterien, die in Gemüse und Milchprodukten zu finden sind, wunderbar ausbreiten und schlechte Pilze und Bakterien verdrängen, welche zu Schimmel und Verderben führen könnten. Milchsäurebakterien wandeln Kohlenhydrate (Milchzucker, der sowohl in Milch als auch im Gemüse enthalten ist) in Milchsäure um. Diese hat eine konservierende Wirkung und das Ferment wird haltbar.

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Nach kurzer Zeit blubbert es im Glas. Die Milchsäurebakterien sind an der Arbeit.

Wieso ist Fermentiertes so gesund?

Die ursprünglich enthaltenen Inhaltsstoffe bleiben weitgehend erhalten, weil das Gemüse weder Hitze (Einkochen, Einwecken, Dörren, Trocknen) noch Kälte (Einfrieren) ausgesetzt ist. Der gesundheitliche Wert des Gärgemüses wird sogar noch erhöht: Beim Fermentieren entstehen wichtige Enzyme, Vitamin C und geringe Mengen Vitamin B. Milchsäurebakterien fördern eine gesunde Darmflora, begünstigen die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung und schaffen das Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen. Fermentiertes ist sehr kalorienarm und ballaststoffreich. Lange vor unserer Zeit war Sauerkraut die wichtigste Vitamin C Quelle überhaupt.

Welches Gemüse eignet sich zum Fermentieren?

In unseren Breiten ist Sauerkraut (Weißkohl) am bekanntesten, aber auch viele andere Gemüsearten, vor allem Wurzelgemüse, eignen sich sehr gut zum Fermentieren. Einzig Blattgemüse eignen sich weniger, weil sie schleimig werden. Der Phantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Am besten probiert man verschiedenste Kombinationen aus Gemüse, Kräutern und Gewürzen aus, um die persönlichen Favoriten zu identifizieren. Man kann dabei eigentlich nichts falsch machen.

In diesem Beitrag stelle ich euch meine 3 Top Gemüse Fermentieren Rezepte vor. Auch zum Zucchini-Fermentieren habe ich einen eigenen Beitrag veröffentlicht.

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Fermentiertes sieht optisch vielleicht nicht so toll aus, überzeugt aber mit seinem einzigartigen Geschmack.

Die richtigen Utensilien zum Fermentieren

Neben dem Gemüse und dem Salz braucht man zum Fermentieren folgendes Zubehör:

  • Schraubgläser bzw. Einkochgläser* oder Drahtbügelgläser* oder einen Steingutgärtopf*
  • Reibe bzw. Gemüsehobel* oder Gemüseschneider*
  • Gewichte, die das Gemüse unter Wasser halten:
    Ich habe schon einige Varianten ausprobiert und bei mir funktioniert das Fermentieren mit Glas-Gewichten* am besten. Glas hat eine glatte Oberfläche und ist somit hygienisch. Mit dem praktischen Griff kann man die Gewichte einfach aus dem Glas heben. Nach der Benützung können die Glas-Gewichte auch in der Spülmaschine gewaschen werden.
    Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung eines beschwerten Marmeladeglases. Ich verwende dazu sterilisierte, höhere Gläser, die durch die Öffnung in das Fermentier-Glas passen. Diese beschwere ich mit sauberen Steinen und stelle sie so in das Fermentier-Glas hinein, dass keine Flüssigkeit hinein rinnen kann.
    Mit Steinen und mit Wasser gefüllten Plastiktüten habe ich es auch schon versucht, das hat bei mir aber nicht so gut funktioniert.
  • Ein Holzstampfer* erleichtert die Arbeit, ist aber nicht zwingend nötig. Zum Versuchen kann man das Gemüse auch einfach mit der Hand-Faust fest in das Glas bzw. den Gärtopf drücken.
  • Optional Gummihandschuhe
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Das Kimchi im großen Fermentier-Glas wird durch ein kleineres Marmeladeglas darin hinuntergedrückt.
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Zum Beschwerden gebe ich zusätzlich Steine in das Marmeladeglas.

Ich finde folgendes Fermentierungs-Set* für Anfänger sehr praktisch. Dieses Starter-Set enthält 4 Gläser mit einer breiten Öffnung, was das Einfüllen, Beschweren und Rausschöpfen erleichtert. Weiters sind 4 Glasgewichte mit Griff und 4 Pickle Pipe luftdichte Deckel enthalten. Diese speziellen Deckel haben ein Einwegventil. Durch dieses kann das während dem Fermentationsprozess entstandene Gas austreten, aber es kann kein Sauerstoff ins Glas hineinkommen. Ein Gemüsestampfer ist auch im Set enthalten.

Fermentieren: Schritt für Schritt Anleitung

1. Wie auch bei allen anderen Konservierungsmethoden sollte man sehr sauber arbeiten. Vor dem Einlegen alle Gläser und Geräte, die mit dem Gemüse in Kontakt kommen, abkochen bzw. ganz heiß abwaschen.

2. Grundsätzlich wird zum Fermentieren ein spezieller Steingutgärtopf* verwendet. In großen Gläsern, die sich verschließen lassen, funktioniert es aber ebenso gut. Bezüglich Fassungsvermögen muss man sich nach der verwendeten Menge an Gemüse richten. Das Gefäß sollte nur knapp über 3/4 befüllt werden, d.h. ein Glas mit 1 Liter Fassungsvermögen ist bei ca. 800 g Gemüse ideal.

3. Vor dem Einlegen das Gemüse waschen, fein hobeln oder in feine Scheiben schneiden. Je mehr das Gemüse zerkleinert wird, desto intensiver schmeckt es letztendlich. Auch hier gilt: einfach ausprobieren.

4.a. Ich gebe festes Gemüse wie Kohl, Rote Bete oder Wurzelgemüse zusammen mit Salz, Gewürzen und Kräutern je nach Geschmack (z.B. Dill, Kümmel, Koriander, Kren, Wacholderbeeren, Lorbeerblatt, Estragon, Bohnenkraut, Oregano, Thymian, Borretsch, Knoblauch, Zwiebeln, Himbeer-, Brombeer-, Wein-, Schwarze Johannisbeerblätter) in einen Topf oder eine Schüssel und vermische und zerstampfe so lange bis Flüssigkeit austritt. Dabei ist ein Holzstampfer* hilfreich. Ein Salzanteil von 1,5-2 Gewichtsprozent (15-20 g pro kg Gemüse) ist für die konservierende Wirkung wichtig, solange nicht genügend Milchsäure gebildet wurde. Andernfalls gewinnen die Hefen die Oberhand und es kommt zu einer alkoholischen Gärung, die schließlich zur Fäulnis führt. Nachdem alles gut durchmischt und zerstampft wurde, gebe ich die Masse in das saubere Fermentier-Glas und drücke sie fest hinunter, so dass keine Luftbläschen bleiben. Das Gärgut muss am Ende vollständig mit Flüssigkeit bedeckt sein. Eventuell muss man mit einer Salzlake auffüllen (siehe nächster Punkt).

Zucchini-fermentieren-konservieren-Rezept-Steiermarkgarten

4.b. Weiche Gemüsearten und Pilze werden nicht gestampft, weil sie sonst matschig werden. Sie werden mit einer Salzlake eingelegt. Diese stellt man her, indem man Wasser mit 15-20 g Salz pro Liter Wasser abkocht. Nachdem sie komplett abgekühlt ist, kann man die Lake zufügen.

In der Regel kommt es beim Fermentieren zu einer Spontangärung, aber man kann auch eine Starterkultur zusetzen (Molke, Butter- oder Sauermilch, fertiger Sauerkrautsaft oder restliche Lake einer gelungenen Gärung).

5. Zum Schluss kann man die Oberfläche mit einem Weißkohlblatt oder einem größeren Stück des jeweiligen Gemüses abdecken. Während dem Fermentier-Vorgang kann es andernfalls passieren, dass insbesondere kleinere Gemüsestücke und Gewürze an die Oberfläche sprudeln und zum Schimmeln neigen. Dann wird die Masse mit einem Gewicht beschwert. Entweder kauft man dazu spezielle Gewichte* oder man versucht es z.B. mit einem sterilen kleinen Schraubglas, Steinen oder einem mit Wasser gefüllten Plastiksackerl.

6. Dann wird das Ganze bei Zimmertemperatur nur leicht verschlossen 2-7 Tage aufbewahrt bis kein Blubbern mehr zu hören bzw. zu sehen ist. Anschließend bringt man es für 2-3 Wochen an einen kühleren Ort (ca. 15°C). Auch in dieser Zeit sollte man das Gefäß noch nicht ganz verschließen, weil die Gase, die sich während der Fermentation bilden, sonst nicht entweichen können und Explosionsgefahr besteht! Es gibt auch spezielle Verschlüsse* zu kaufen, bei denen Gase austreten können, aber kein Sauerstoff ins Gefäß hineinkommt.

7. Nach 4-8 Wochen ist die Gärung vollständig abgeschlossen. Man kann das Ferment aber nahezu unbegrenzt weiter lagern. Je länger das Ferment gelagert wird, desto saurer wird es schlussendlich.

8. Beim Entnehmen sollte man ganz vorsichtig vorgehen, damit keine Keime in das Gefäß gelangen. Danach muss das Gemüse wieder vollständig mit Flüssigkeit bedeckt sein.

Gemüse selber fermentieren: 3 einfache Rezepte mit Schritt für Schritt Anleitung

Lagerung von fermentiertem Gemüse

Der ideale Lagerort für fertig fermentiertes Gemüse ist ein dunkler, kühler Raum (ca. 15°C). Im Kühlschrank kann es ebenfalls gelagert werden. Hier wird der Fermentations-Prozess stark gebremst.

Grundsätzlich ist fermentiertes Gemüse unbegrenzt haltbar, solange es richtig gelagert wird und keine Keime, Sporen, Bakterien u.s.w. in das Fermentier-Glas hineinkommen. Diese können jedes mal in das Glas gelangen, wenn es geöffnet wird. Aus diesem Grund habe ich mir beim Entnehmen Folgendes angewöhnt:

  1. Vor dem Entnehmen die Hände waschen und den Schöpflöffel sterilisieren.
  2. Jeweils eine größere Portion fermentiertes Gemüse aus dem Glas entnehmen. Diese fülle ich in ein separates sterilisiertes Glas ab, das dann in den Kühlschrank kommt, und zwar ganz dicht bis zum Deckel, damit so wenig Platz wie möglich für Sauerstoff bleibt. Aus diesem Glas entnehme ich dann in den folgenden Wochen immer wieder fermentiertes Gemüse.
  3. Die Masse im Fermentiert-Glas wieder so fest möglich nach unten drücken und beschweren. Kühl und dunkel weiterlagern.

Kahmhefe oder Schimmel?

Durch häufiges Öffnen tritt Sauerstoff ein und es kann sich ein weißlicher Belag, die sogenannte Kahmhefe bilden. Auch eine zu hohe Temperatur kann die Bildung von Kahmhefe begünstigen. Sie ist harmlos, kann aber einen unangenehmen Geruch haben und den Geschmack des Ferments beeinträchtigen. Sie ist jedoch kein Grund das fermentierte Gemüse zu entsorgen. Man kann das fermentierte Gemüse zum Beispiel unter fließendem Wasser abspülen. Dann sollte man es sofort verzehren.

Im Vergleich dazu breitet sich Schimmel fleckenartig aus und ist pelzig. Auch wenn sich das fermentierte Gemüse irgendwie anders färbt oder stinkt, sollte man es sofort entsorgen.

Ihr seht also, Fermentieren geht kinderleicht. Es lohnt sich auszuprobieren.

Liebe Grüße,

Zum Pinnen:

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Mami Made It

    Danke für die tolle Erklärung. Ich habe mich schon gefragt, was es mit der Fermentierung auf sich hat. Klingt sehr interessant.
    Liebe Grüße, Petra

  2. Steiermarkgarten

    Liebe Petra,
    danke für dein Kommentar! Ja, es lohnt sich auf jeden Fall mal zu probieren. Man kann nicht viel falsch machen.
    Schönes Wochenende und liebe Grüße,
    Carina und Petra

  3. Bernhard

    Super vielen Dank Ihr beiden. Noch nirgends habe ich solche eine gute und gleichzeitig einfache Erklärung zum milchsauren Einelgen von Gemüse gefunden. Dieser Beitrag ist bei mir als Leseszeichen abgespeichert.

    Wünsche Dir noch ein ruhiges Weihnachtsfest und einen guten Start ins Jahr 2020

    Übrigens:

    Auf meinem Fotoblog gibt es für Hobbyfotografen und Gartenfreunde zum einhähirgen Jubiläum eine Buchverlosung.

    Es wir das Buch "Handbuch Samengärtnerei Sorten erhalten. Vielfalt vermehren. Gemüse genießen. von Andrea Heistinger" verlost. Die Teilnahmebedingeungen finden sich hier: https://deramateurphotograph.de/2019/12/14/verlosung-zum-einjaehrigen-bestehen-des-fotoblogs-der-amateurphotograph/

    LG Bernhard

  4. Steiermarkgarten

    Lieber Bernhard,
    danke für dein Kommentar. Das freut uns, wenn wir den Beitrag leicht verständlich rübergebracht haben.
    Auch dir Frohe Weihnachten und viel Glück an die Teilnehmer der Buchverlosung.
    Liebe Grüße,
    Carina und Petra

  5. Heinrich H. Sabel

    Sehr gut alles beschrieben, sehr gute Informationsvermittlung, im Stil äußerst angenehm. Komme immer mal zurück, wenn Fragen auftauchen. Vielen Dank und alle guten Wünsche, Grüße aus dem Taunus,
    Heinrich

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